KrauseLocke des Monats:
Nancy aus Köln (Teil 1)

Nancy ( 39), Regisseurin

"Ich willnicht,
dass dieser Fremde Mensch an meinen Haaren rumfummelt!".


Nancy (39) ist eine Regisseurin undDrehbuchautorin aus Köln. Ihre Mutter ist Deutsche und ihr Vaterstammt aus Ghana, wohin er vor Jahren auch wieder zurückgekehrt ist.
Ich habe mich mit Nancy in Kölngetroffen und Interessantes über sie und ihren Job erfahren.

Erzähl mal was von Ghana!Wie war dein erster Besuch dort?
Bei meinem ersten Besuch war ich 17 oder 18. Das war 1989. Wir haben die Mutter von meinem Vaterbesucht, die in so einem Hof lebte. So richtig traditionell. Wo dann Yams-Wurzel gestampft wurde. Das war schon eine Reise in eineganz andere Kultur für mich und total aufregend. Ich hab ganz vieleSachen entdeckt, die ich so vorher nie gesehen hatte. Und ich habganz viele Verwandte kennen gelernt, wo ich vorher gar nicht wusstedass ich so viele Verwandte habe. Und dann sind wir zu fünft odersechst im Auto zusammengepfercht durch die Gegend gefahren und habenLeute besucht. Und dann haben wir auf Sofas gesessen und diesesghanaische Essen gegessen, was total lecker ist und was man inDeutschland gar nicht so bekommen hat, damals. Das war schon spannendauf jeden Fall.

Wiewar denn deine Kindheit als afrodeutsches Mädel?
Klar wurde man manchmal daraufaufmerksam gemacht, dass man anders ist. Durch irgendwelche Rentner,die einem irgendeinen blöden Spruch auf dem Bürgersteig hinterhergerufen haben wie: „Geh zurück nach Afrika!“ Wo man so dachte,was ist das denn jetzt? Und man sich gewundert hat. Oder Jugendlicheauf der Realschule, die so blöde Nazisprüche gebracht haben und mansich so denkt, das muss ich mir eingebildet haben. Dann wurde mandarauf aufmerksam, dass ich wohl scheinbar anders bin. Aber ansonstenwar meine Kindheit in diesem Ort eigentlich unbehelligt und schön.Und manche Sachen glaube ich, dass man die verdrängt. Weil man sieeben mit niemandem teilen kann. Man packt das irgendwo hin und erstspäter kommen die Sachen dann wieder raus.

"krass, das könnte ja auch mirpassieren,
dass ich auf der Straße zusammen geschlagen werden,
weilich die falsche Hautfarbe habe."


Warum hast du angefangen, dich mehrmit deiner Identität auseinander zu setzen?
Da war einmal in Berlin ein Ereignis,da war ein Afrikaner, der von der Disko gekommen ist und dann vonirgendwie zwei ausländerfeindlichen Leuten zusammengeschlagen wordenist. Und der lag dann im Koma und ist fast gestorben und das hat michirgendwie total erschrocken, weil ich die ganze Zeit dachte krass,das könnte ja auch mir passieren, dass ich auf der Straße zusammengeschlagen werden, weil ich die falsche Hautfarbe habe. Im Internetkonnte man sich auch so die Handyaufnahmen von ihm anhören. Er hattesein Handy an, als er zusammen geschlagen wurde. Und da hat man dieTypen gehört, die ihn angeschrien haben, das war ganz schrecklich.Und dann habe ich eine kurze Doku über das Thema gedreht. Und sofing es an, dass ich mich mit diesem Thema auseinander gesetzt habe.

Das Thema Haare. Wie war das so beidir in der Kindheit?
Früher als Kindhieß es immer „Ach, darf ich mal anfassen? Wie ein Schaf! WieWolle!“ Wo man so denkt „Ich will nicht, dass dieser FremdeMensch an meinen Haare rumfummelt!“. Und das hat total genervt.Meine Mutter hat mir immer mit so einem gelben Kamm, mit dem manPferde striegelt, die Haare gekämmt. Das hat so weh getan und ichhab immer geheult.

Und als Teenie?
Da hatte ich soeine Phase, wo ich so einen kleinen Afro hatte. Und dann hat mir eineFreundin irgendwann mal die Seiten weg geschoren, da sah ich aus wieGrace Jones, so punkig. Da war ich 14 oder 15, das war echt schlimm.Die sollte mir eigentlich nur die Seiten kurz machen und dann hat siemir alles weg rasiert!

Und hast du dir die Haare auchgeglättet?
Ja klar.Irgendwann habe ich auch Erfahrungen mit dem soften gemacht.Da war ich auch noch jünger, und da meinte jemand zu mir es gibt daeinen Frisör in Düsseldorf, der könnte mit Afrohaaren umgehen. Daswar damals noch total selten. Aber das war dann auch ein Deutscher,der meinte er kann es. Der hat mir dann die Haare geglättet und esstank fürchterlich. Und am Ende sah ich aus wie James Brown! Das warso schlimm und so ein Erlebnis, wo ich das Vertrauen in die Frisöreverloren hab. Und dann bin ich auch oft zu Afrofrisören gegangen undhabe mir Braids flechten lassen. Das war aber auch nervig irgendwannund schweineteuer. Und irgendwann dachte ich mir „Nee, ich willjetzt mein natürliches Haar!“





Hier gehts weiter mit Nancy Teil 2! Sie hat mir erklärt, wie man Regisseurin wird und wir haben uns noch weiter über das Afrodeutsch-Sein unterhalten.
Liebe Grüße, eure Esther

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